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Neue AusstellungArnulf Rainer & Art Brut
In der neuen Ausstellung widmet sich das Arnulf Rainer Museum in Baden bei Wien ab 18. Oktober 2025 den facettenreichen Bezügen zwischen Arnulf Rainer und der Art Brut – jener „rohen Kunst“, die jenseits akademischer Konventionen entsteht und durch ihre Unmittelbarkeit und expressive Kraft fasziniert.
„Arnulf Rainer zählt zu den Entdeckern und ersten Sammlern der Kunst aus Gugging. Diese Ausstellung ist seiner lebenslangen Beschäftigung mit Art Brut gewidmet. Sowohl Rainers Arbeiten als auch die Werke von Vertreterinnen und Vertretern der Art Brut bestechen durch eine ganz spezielle Form der Unmittelbarkeit des Ausdrucks.“
Kurator Nikolaus Kratzer zur Ausstellung: „Arnulf Rainer zählt zu den Entdeckern und ersten Sammlern der Kunst aus Gugging. Diese Ausstellung ist seiner lebenslangen Beschäftigung mit Art Brut gewidmet. Sowohl Rainers Arbeiten als auch die Werke von Vertreterinnen und Vertretern der Art Brut bestechen durch eine ganz spezielle Form der Unmittelbarkeit des Ausdrucks.“
Jean Dubuffet, der den Begriff Art Brut 1945 prägte, beschrieb damit einen radikalen Gegenentwurf zum etablierten und auf Kommerz gepolten Kunstbetrieb. Art Brut steht für Kunst von Autodidakten, die abseits des Marktes und ohne Bezug zu künstlerischen Traditionen geschaffen wird.
Bereits in der Nachkriegszeit wird Arnulf Rainer durch den Surrealismus erstmals auf Art Brut aufmerksam. Besonders prägend ist für ihn die Veröffentlichung von Leo Navratils Buch Schizophrenie und Kunst, das ihn zu den Gugginger Künstlern führt.
Ab den 1960er-Jahren beschäftigt sich Arnulf Rainer intensiv mit Art Brut. Er besucht psychiatrische Kliniken und ist beeindruckt von der Authentizität, Unmittelbarkeit und Erfindungsreichtum. Im Gegensatz dazu steht für ihn die „gebildete“ Kunstszene, die er oft als überreflektiert empfindet. Animiert durch diese Auseinandersetzung folgen Zeichenexperimente in der Universitätsklinik von Lausanne unter dem Einfluss von halluzinogenen Drogen (LSD, Psilocybin, Mescalin). Diese führen Arnulf Rainer zur Beschäftigung mit Körpersprache und performativen Elementen; so malt er etwa mit bloßen Händen expressive Ölbilder oder überarbeitet Grimassenfotos von sich selbst. Es entstehen die für ihn typischen Übermalungen von Fotos seines eigenen Körpers sowie von Bildern alter Meister.
In den 1970er-Jahren entstehen Rainers Art-Brut-Hommagen, bei denen er Bilder von Künstlern wie Johann Hauser, Jean Dubuffet, Antonin Artaud oder Friedrich Schröder-Sonnenstern übermalt. Nicht um sie zu verändern, sondern um in einen künstlerischen Dialog zu treten.
Eine direkte Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gibt es 1984 in drei Zeichnungen – zwei mit Fritz Koller, eine mit Johann Hauser. 1994 entstehen schließlich 58 gegenseitige Übermalungen mit Künstlern aus Gugging: Rainer überarbeitet 27 Druckgrafiken. Johann Fischer, Johann Garber, Johann Hauser, Franz Kamlander, Franz Kernbeis, Johann Korec, Oswald Tschirtner und August Walla übermalen insgesamt 31 Druckgrafiken und Plakate von Arnulf Rainer.
Mit einem Kreis von Künstlern, darunter etwa Peter Pongratz, Loys Egg und Franz Ringel, setzt sich Arnulf Rainer für die Anerkennung von Art Brut ein. So ist es nicht zuletzt der Initiative von Pongratz zu verdanken, dass 1970 in der Galerie nächst St. Stephan in Wien die erste Verkaufsausstellung der Künstler aus Gugging stattfindet.
Arnulf Rainer zählt zu den Sammlern der ersten Stunde und erwirbt unter anderem Werke von Johann Hauser. Heute zählt Arnulf Rainers Art Brut Privatsammlung zu den größten in Europa. Sie umfasst neben Kunst aus Gugging Werke von bekannten und unbekannten Vertreter:innen der Art Brut.
In der Ausstellung werden Werke von Arnulf Rainer, Johann Garber, Johann Hauser, Margarethe Held, Rudolf Horacek, Fritz Koller, Hans Krüsi, Rudolf Liemberger, Michel Nedjar, Philipp Schöpke, Friedrich Schröder-Sonnenstern, Volkmar Schulz-Rumpold, Sava Sekulić, Oswald Tschirtner, August Walla und Adolf Wölfli sowie die Gemeinschaftsarbeiten von Rainer mit Koller und Hauser gezeigt.
Mit dieser Ausstellung präsentiert das Arnulf Rainer Museum einen weiteren bedeutenden Teil der hochkarätigen Sammlung Zambo, die 2024 von den Landessammlungen Niederösterreich übernommen wurde. Der international renommierte Kunstsammler Helmut Zambo begleitet Arnulf Rainers künstlerische Laufbahn über Jahrzehnte hinweg und trägt mit großer Leidenschaft die heute weltweit umfangreichste Sammlung seiner Werke zusammen. Durch seine enge Verbindung zu Rainer wird Zambo auch auf die Künstler aus Gugging aufmerksam.
„Meine Begeisterung für Art Brut wurde durch einen Atelierbesuch bei Arnulf Rainer Mitte der 1960er-Jahre geweckt. Dort kam ich zum ersten Mal in Kontakt mit der Kunst aus Gugging und war sofort begeistert! Ich wünsche den Besucherinnen und Besuchern dieser Ausstellung, dass es ihnen ähnlich ergeht – dass sie von den Bildern berührt und beglückt werden. Möge ihnen die Begegnung mit diesen Kunstwerken die Augen öffnen und sie für ihre einzigartige Schönheit und Ausdruckskraft sensibilisieren.“
Aus ersten Begegnungen entsteht eine tiefe persönliche Beziehung zur Institution und ihren Künstlern – eine Verbundenheit, die sich in der Sammlung und Unterstützung niederschlägt. Bis heute setzt sich Helmut Zambo mit großem Engagement für die Sichtbarkeit und Anerkennung von Art Brut ein. Er ist Vorstand der Privatstiftung Künstler aus Gugging und Vorstandsmitglied des Vereins Freunde des Hauses der Künstler in Gugging.
Neben der Sammlung Zambo, die den Schwerpunkt der Ausstellung ausmacht, und Privatleihgaben wird erstmals ein umfangreiches Konvolut der Sammlung Navratil präsentiert, die Leo Navratil in Form eines Vorlasses an die Landessammlungen Niederösterreich übergab.
Laufzeit: 18.10.2025 – 04.10.2026
Katalog zur Ausstellung
Arnulf Rainer & Art Brut
Mit zwei Aufsätzen von Arnulf Rainer zu Art Brut, kunsthistorischen Essays von Nikolaus Kratzer, Texten zu Künstlern in der Ausstellung und einem umfangreichen Bildteil mit über 100 Werken.
Hg. v. Helmut Zambo und Nikolaus Kratzer
Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln
In Deutsch und Englisch, 192 Seiten
Preis: € 29,90.
Erhätlich im Museumsshop bzw. Onlineshop erhältlich.